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Kulturwissenschaftliche Fakultät

Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit – Prof. Dr. Susanne Lachenicht

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Dissertationsprojekte

Maximilian Krogoll

Körper und Gebrechen im 18. Jahrhundert – Das Beispiel J.H.S. Formey

Im Mittelpunkt des Projektes steht die Korrespondenz des französisch-reformierten Pastors und ständigen Sekretärs der Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Jean Henri Samuel Formey (1711–1797). Im Spannungsfeld von Aufklärung und Protestantismus lässt sich an dieser fast ein Jahrhundert lang geführten Korrespondenz eine für die Kultur- und Mentalitätsgeschichte wichtige, bislang nicht ausreichend bearbeitete Frage erörtern, nämlich die nach der Wahrnehmung und Vermittlung von Körper, Krankheit, Gebrechen und Tod im „Milieu" protestantischer Pastoren. Pastoren erreichten „von der Kanzel" weite Teile der Gesellschaft des 18. Jahrhunderts und hatten dadurch entscheidenden Einfluss auf Körper-, Krankheits- und Todesvorstellungen und die damit verbundenen Praktiken. Als Leiter der Akademie der Wissenschaften zu Berlin war Jean Henri Samuel Formey zudem eng mit einigen der herausragenden Gelehrten seiner Zeit verbunden. Formeys Vorstellungen und Wahrnehmung von Körper, Krankheit, Gebrechen und Tod entstanden – so die Hypothese des Vorhabens – in einem überregionalen und auch transnationalen Kontext, im Spannungsfeld von Aufklärung und pastoraler Praxis vor Ort und wurden in diesem auch weitergegeben. Die Funktion Formeys als Vermittler von Wissen und Wahrnehmungsmustern ist hierbei von besonderer Bedeutung.



Franca Reif

Buchmarkt in Aushandlung - Kommunikation und Motivation im Buchwesen in Leipzig 1550-1650

Die Arbeit geht der Frage nach, welche Aushandlungs- und Kommunikationsprozesse im Buchwesen in Leipzig zwischen 1550 und 1650 beschrieben werden können und welche mannigfaltigen gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Begebenheiten der Frühen Neuzeit sich dort widerspiegeln. Im Fokus der Untersuchung stehen dabei die am Buchmarkt beteiligten Akteure und Institutionen, deren Motive des Handelns und Aushandelns sowie die Bereiche, in denen sie ihre Interessen durchzusetzen suchten. Auf die Herstellung, den Kauf und Verkauf von gedruckten Werken und Büchern wird durch die unterschiedlichen Akteure Einfluss genommen, die im Rahmen sich verändernder Regelungen und Normen sowie gesellschaftlicher Strukturen agieren und reagieren. Die Akteure, die in diesem Feld miteinander in Beziehung treten, strukturieren durch kommunikative Aushandlung und Interessen den Buchmarkt und werden gleichzeitig durch diese Strukturen in ihren Handlungen bestimmt. Die relationalen Positionierungen im Feld sind dabei von Macht und Herrschaft bestimmt, die über Normierungen und Kommunikation in den Quellen greifbar werden können.



Stefan Weiß

Koloniale Krisen und Imperiale Identität - Die "Sepoy-Mutiny" 1857 und der Nations- und Empire-Diskurs in Großbritannien

Das geplante Projekt konzentriert sich mit der „Sepoy Mutiny“ auf eine zunächst militärische Krise in Britisch-Indien, die als „imperiale“ und „nationale“ Krise wahrgenommen wurde. Sie wirkte – so die These – dynamisierend auf Nations- und Empirediskurse und bestimmte das Verhältnis von Empire und „Nationen im Empire“ neu.

Wie hatte sich das Konzept und das Verhältnis von (englischer) Nation und Empire vor Aus­bruch der „Sepoy Mutiny“ seit dem 16. Jahrhundert entwickelt? Wie war der Stellenwert ande­rer Nationen (wie beispielsweise der irischen oder schottischen) im britischen Empire? Gab es bereits das Konzept einer „indischen Nation“ oder etwas Vergleichbares vor 1857? Was wurde als „national“ definiert, was als „imperial“? Wo gab es Schnittmengen in der Semantik der Begriffe? Und wie veränderte sich dies im Kontext der „Sepoy Mutiny“? Wurde der Konflikt in Indien als Beginn eines „indischen Nationalismus“ verstanden und dementsprechend als Be­drohung der imperialen Zukunft gedeutet? Welche Rolle spielten vergangene imperiale Krisen? Diese und weitere Fragen sollen anhand eines breiten und heterogenen Quellenkorpus analy­siert werden, der Parlamentsdebatten, Verwaltungsakten, Periodika, Romane, Theaterstücke und Bildquellen beinhaltet.


Zweitbetreuung:

Markus Diepold (Regensburg)

DFG-Projekt: Entangled Objects? The Material Culture of Diplomacy in Transcultural Processes of Negotiation in the 18th Century, subproject 1: "The Material Culture of British-Indigenous Diplomacy in North America in the 18th Century"

Erstbetreuung: Prof. Dr. Volker Depkat (American Studies, Regensburg)


Jannik Keindorf (Tübingen)

Kingston as a Hub of Refugee Movements during the Age of Revolutions, c. 1780-1820

Promotionsprojekt im Rahmen des ERC-Projektes "Atlantic Exiles"

Erstbetreuung: Prof. Dr. Jan C. Jansen (Neuere Geschichte, Tübingen)


Felicitas Weiß

Montanwirtschaft und Raumkonstruktion. Der Ausbau frühneuzeitlicher Herrschaft in europäischen Bergbauregionen

Erstbetreuung: Prof. Dr. Martin Ott (Fränkische Landesgeschichte, Bayreuth)



Ines Sonntag

Der Türkendiskurs in Toleranzdebatten der Frühen Neuzeit

Gefördert durch ein Stipendium der Gerda-Henkel-Stiftung

Erstbetreuung: Prof. Dr. Christoph Bochinger (Religionswissenschaft, Bayreuth)

Im 16. und 17. Jahrhundert gab es zahlreiche Schriften, die sich der Frage widmeten, wie mit den verschiedenen 'Christentümern' umzugehen sei, die im Zuge der Reformation und Konfessionalisierung entstanden. In diesen wurde immer wieder Bezug auf die 'Türken' genommen, die bis nach Wien vorgedrungen waren und eine reale militärische Bedrohung darstellten. Das Dissertationsprojekt widmet sich der Frage, wie im Rahmen konfessioneller Auseinandersetzung auf die 'Türken' Bezug genommen wurde und welchen Einfluss das Reden über den 'Türken' auf die Toleranzbegründungen der Zeit hatte. Welche Funktionen erfüllten die einzelnen Narrative (vom Antichrist bis zum Vorbild) in einem inner-christlichen Toleranzdiskurs? Und inwieweit half der 'Türke' gar bei der Lösung innenpolitischer Konflikte?



Abgeschlossene Dissertationsprojekte:

Dagmar Wahl (Juli 2022)

Der Dritte im Bunde. Zu Ehe und Ehebruch um 1800

gefördert durch die Hanns-Seidel-Stiftung

Erstbetreuung: Prof. Dr. Harald Neumeyer (Neuere deutsche Literatur mit kulturwissenschaftlichem Schwerpunk, FAU Erlangen-Nürnberg)

An der Schwelle zum 19. Jahrhundert ist die Ehe aufgrund ihrer machttechnologischen Implikationen ein brisantes Politikum, sie ist Gegenstand wissenschaftlicher Forschung und literarischer Auseinandersetzung. Mit der Analyse sowohl wissenschaftlicher Traktate als auch literarischer Texte widmet sich das Dissertationsprojekt der Rekonstruktion rhetorischer Muster, argumentativer Vernetzungen und verwandter Problemfiguren, die den Ehediskurs um 1800 strukturierten. Dabei fokussiert es zugleich eine kulturhistorische Umbruchssituation, bildet sich doch in der Romantik mit dem bürgerlichen Ehemodell eine gänzlich neue Ehekonzeption aus, welche die Liebe als Heiratsbasis postuliert.


Julien Bérard (2009-2020)

Kartographisches Wissen und Wissensvermittlung in der Frühen Neuzeit am Beispiel Abraham Ortelius.

Abraham Ortelius (1527-1588) war einer der bedeutendsten Kartographen der Renaissance. Sein Hauptwerk, das Theatrum Orbis Terrarum, gilt als Meilenstein in der Geschichte der Kartographie. Das Dissertationsprojekt untersucht am Beispiel des Ortelius Vorgänge der Produktion und Vermittlung kartographischen Wissens in der Frühen Neuzeit. Welche Quellen benutzte Ortelius für seinen Atlas? Wie wertete er beispielsweise Reiseberichte für seine Karten aus?



Dr. Jürgen Hollweg (2011-2019)

Informationsaustausch und Netzwerkstrukturen der Chemiker in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts

Das Projekt reiht sich ein in die Untersuchungen zur Gelehrtenrepublik in der Frühen Neuzeit. Während jedoch die Briefkontakte von Philosophen und Naturphilosophen in Europa bereits ausführlich bearbeitet worden sind, ist dies auf dem Gebiet der sich zu dieser Zeit ausbildenden Wissenschaft Chemie nur in Ansätzen geschehen. Es stellt sich die Frage, ob es einen umfangreichen brieflichen Informationsaustausch zur Diskussion chemischer Sachverhalte um 1600 gegeben hat und wer die beteiligten Akteure waren. Formen und Strukturen dieses Informationsaustausches sowie mögliche Einflussfaktoren sollen hier untersucht werden. Ebenso soll betrachtet werden, inwieweit das Wissen um chemische Zusammenhänge durch vorhandene Netzwerkstrukturen weiterentwickelt wurde und welche Schritte zur Entwicklung einer eigenständigen Disziplin Chemie aufgezeigt werden können.



Sara Graveleau (2015-2018)

Discrimination et tolérance en France et dans le Refuge au XVIIe siècle. L'itinéraire d'Henri Basnage de Beauval (1656-1710), avocat de la République des Lettres

(Co-tutelle zwischen der Université d'Angers und der Universität Bayreuth, Prof. Dr. Didier Boisson, Prof. Dr. Susanne Lachenicht, gefördert durch ein Stipendium der Pays de la Loire), abgeschlossen

Henri Basnage de Beauval, 1656 geboren, war ein normannischer Hugenotte, hervorgegangen aus einer Familie von Pastoren und Advokaten. Als Protestant war er wie viele seiner Glaubensbrüder zunehmend der Verfolgung durch die französische Krone und die katholische Kirche ausgesetzt. Beauval entschied sich nach der Revokation 1685 wie viele Andere für die Auswanderung und folgte seinem berühmten Bruder Jacques 1687 nach Rotterdam. Er übernahm die Redaktion von Pierre Bayles Nouvelles de la République des Lettres und wurde zu einem erbitterten Gegner Pierre Jurieus. Das Dissertationsprojekt zeichnet die Biographie Henri Basnage de Beauvals im Spannungsfeld von Hugenottenverfolgung, Toleranztheorie, -politik und Gelehrtenrepublik nach und fragt nach hugenottischen Typologien im Refuge.


Verantwortlich für die Redaktion: Anna-Lena Späth

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